Indikationen

Indikationen zur diagnostischen Mini-Laparoskopie
Staging chronischer Lebererkrankung
Unklare / Fokale Lebererkrankung
Leberbiopsie bei erhöhtem Blutungsrisiko:
  • Gerinnungsstörung
  • ausgeprägte portale Hypertension
  • Infiltrative Hepatopathie
Staging von Neoplasien
Erkrankungen des Peritoneums
Fieber unklarer Ätiologie
Aszites unklarer Genese
Milzbiopsie bei unklarer Spenomegalie

Staging chronischer Lebererkrankungen

Neue Therapieoptionen chronischer Lebererkrankungen (viraler, autoimmuner Genese) erfordern eine akurate prätherapeutische Diagnosestellung insbesondere im Hinblick auf die exakte Erfassung einer Leberzirrhose. Neben der prognostischen Bedeutung hat die Erkennung einer Zirrhose Einfluß auf die Therapieplanung (z.B. Interferon bei Hepatits C) und die Planung von Vorsorgeuntersuchungen wegen des Risikos der Entwicklung eines HCC. Die Leberbiopsie gilt als der Goldstandard in der Diagnose der Zirrhose. Allerdings schließen weder die perkutane Leberbiopsie noch die bildgebenden Verfahren das Vorliegen einer Zirrhose zu 100 % aus. Die falsch negative Rate für die perkutane Leberbiopsie im Hinblick auf die Diagnose einer Leberzirrhose wird in einer Zusammenschau von 6242 Fällen mit im Mittel 24 %. (1 % - 61 %) angegeben (2). Für die Laparoskopie alleine lag die Rate an falsch negativen Diagnosen bei im Mittel 9 % (4 %- 18 %). Als Goldstandard ist somit die Kombination von makroskopischer Bewertung und histologischer Beurteilung zu werten. Eine retrospektive Studie an 434 Patienten (3) bestätigte die höhere Genauigkeit der makroskopischen Diagnose der Leberzirrhose verglichen mit der histologischen Beurteilung der Biopsiezylinder. Bei 0,8 % der Patienten mit der makroskopischen Diagnose einer Leberfibrose wurde histologisch eine Leberzirrhose diagnostiziert Bei 32 % der makroskopisch als Leberzirrhose diagnostizierten Patienten wurde histologisch lediglich die Diagnose einer Fibrose gestellt, da die histologischen Kriterien für eine Zirrhose (Vorliegen eines Regeneratknotens mit perinodulärer Fibrose oder Fibrose mit Einschluß größerer Gewebsbezirke) nicht erfüllt wurden (Histologie: Sensitivität: 68 %; Spezifität: 99 %,; Neg. Prädiktiver Wert: 83 %; Pos. Prädiktiver Wert: 98 %). Als Gründe für den Sampling error, den wir in ähnlichem Umfang auch mittels mini-laparoskopischer Leberbeurteilung und Biopsie von 110 Patienten mit Leberzirrhose nachweisen konnten (4), sind eine Child A Zirrhose, eine inhomogene intrahepatische Verteilung der morphologischen Veränderungen oder eine makronoduläre Zirrhose zu diskutieren. Auch in der Diagnostik chronisch viraler Hepatitiden ohne Zirrhose wurden bei vergleichender Biopsie beider Leberlappen mittels Laparoskopie bei 20 von 85 Patienten (23,5 %) unterschiedliche histologische Ergebnisse bezüglich der inflammatorischen Aktivität und des Leberparenchymschadens nachgewiesen (5). Ein ähnliches Ausmaß an histologischen Veränderungen beider Leberlappen lag nur bei 5 % der Patienten vor. Diese Ergebnisse sprechen für die Relevanz der kombinierten makroskopischen und histologischen Leberbeurteilung mit gezielter Biopsie makroskopisch veränderter Areale.

Unklare Lebererkrankungen / Fokale Lebererkrankungen

Eine Indikation zur Laparoskopie kann die Differentialdiagnose unklarer granulomatöser Lebererkrankungen sein wie Sarkoidose der Leber, Lebergummen bei Lues oder das Hodgkin- und Non Hodgkin Lymphom. Für die Diagnose einer Leberinfiltration durch ein Hodgkin- oder Non Hodgkin Lymphom wurde für die laparoskopische Leberbeurteilung mit gezielter Biopsie fokaler Läsionen eine Spezifität von 100 % nachgewiesen, bei allerdings geringerer Sensitivtät von 40 %. (6) Ein wichtige Fragestellung ergibt sich bei Patienten mit hämato-onkologischer Grunderkrankung auch im Verlauf der spezifischen Therapie: Bei unklarer Hepatopathie nach Knochenmark- oder Stammzelltransplantion infolge hämatologischer Systemerkrankungen sind differentialdiagnostisch eine Graft versus Host disease, eine Veno-occlusive disease, eine infektiöse Lebererkrankung bzw. ein Leukämie- / Lymphomrezidiv zu diskutieren. Im Rahmen einer eigenen Untersuchung von 24 Patienten mit unklarer Hepatopathie bei hämatologischer Grunderkrankung mit Zustand nach Chemotherapie oder Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation konnte mittels Mini-Laparoskopie und Leberbiopsie bei 23 von 24 Patienten eine definitive Diagnose gestellt werden (toxische oder infektiöse Leberparenchymschädigung, Veno-Occlusive-Disease, Graft versus Host Disease, Lymphom, Budd Chiari Syndrom), eine therapeutische Konsequenz im Sinne einer Änderung des weiteren therapeutischen Vorgehens ergab sich bei 22 / 24 Patienten (7). Auch bei Patienten mit einer HIV-Erkrankung im Stadium AIDS kann häufig eine infektiöse oder maligne Leberbeteiligung vorliegen. Da die Sicherung einer spezifischen Diagnose entscheidenden Einfluß auf die weitere Therapie hat, ist die laparoskopische Diagnostik zur eindeutigen Identifizierung unklarer abdomineller Befunde, wie z. B. das Kaposi Sarkom der Leber, indiziert (8).

Staging von malignen intraabdomineller Tumoren

Die laparoskopische Untersuchung zum Staging maligner abdomineller Tumoren hat die Vermeidung unnötiger chirurgischer Eingriffe zum Ziel. Ein Nachteil der internistischen Laparoskopie sind die limitierten Möglichkeiten der intraabdominellen Präparation und Manipulation. Das Retroperitoneum kann nicht beurteilt werden, lediglich das Peritoneum kann suffizient eingesehen werden. Mit der diagnostischen Laparoskopie lassen sich nur 70 % der gesamten Leberoberfläche beurteilen, diese Einschränkung kann über die zusätzliche Einführung eines zweiten Laparoskops, z.B. ein Mini-Laparoskop über einen zusätzlichen Punktionstrokar zur Vermeidung weiterer großlumiger Punktionsstellen, teilweise aufgehoben werden. Verbesserte Sensititivitätsraten können andererseits auch durch den Einsatz des laparoskopischen Ultraschalls erreicht werden (9, 10). Die Überlegenheit der Laparoskopie mit gezielter Biopsie zur Diagnostik einer malignen Aussaat gastrointestinaler Tumoren an Leber und Peritoneum gegenüber bildgebenden Verfahren wurde in Studien nachgewiesen, Tabelle 2. Die Sensitivität und Spezifität für die Laparoskopie lag hier deutlich über der der bildgebenden Verfahren, bedingt durch die Erfassung auch kleinster Läsionen unter 1 cm und der Möglichkeit zur histologischen Sicherung durch Biopsie der suspekten Befunde. Eine internistische diagnostische Laparoskopie zum prätherapeutischen Staging sollte dann erfolgen, wenn nach Abschluß der präoperativen Bildgebung ein T-Stadium > T2 vorliegt und eine kurative Resektion möglich scheint (18). Die Durchführung einer Staging Laparoskopie kann nach derzeitiger Studienlage für das distale Ösophaguskarzinom, das Magenkarzinom, das Pankreaskarzinom und das hepatozelluläre Karcinom (11-19) empfohlen werden.
Diagnostische Genauigkeit bei Metastasen (%)
n Lap (%) US (%) CT (%) Verhinderte Laparotomien (%)
Watt 1989 [1] 90 89 48 56 na
O'Brian 1952 [2] 145 77 38 38 27,4
Stell 1996 [3] 103 96 37 52 26,2
Hünerbein 1998 [4] 131 68 63 58 41
John 1999 [1] 59 94 29 33 na
Rahusen 1999 [4] 47 89 68 69 38
Reddy 1999 [5] 109 36 nd 9 29
[1] = Ösophagus, Kardia; [2] = Ösophagus, Magen; [3] = Magen; [4] = abdominell; [5] = Pankreas

Erkrankungen des Peritoneums

Die Laparoskopie mit gezielter Biopsie erlaubt neben der Diagnose einer Peritonealkarzinose auch die Diagnose eines Mesothelioms sowie einer peritonealen Tuberkulose (20). Hierdurch begründet sich auch die Indikation zur diagnostischen Laparoskopie bei Fieber unklarer Genese.
Aszites unklarer Genese
Bei negativem Ergebnis zytologischer und mikrobiologischer Aszitesdiagnostik stellt die Laparoskopie ein effiziente Methode zur Diagnosesicherung dar. Trujillo und Mitarbeiter (21) gelang bei der Indikation Aszites unklarer Genese eine Diagnosesicherung bei 43 von 48 Patienten (89%).

Milzbiopsie bei unklarer Splenomegalie

Die minilaparoskopisch gesteuerte Milzbiopsie ist in ausgewählten Fällen von Splenomegalie bei unklarer Systemerkrankung eine wertvolle diagnostische Hilfe [22]. Mittels Mini-Laparoskopie und Milzbiopsie unter Sicht konnten die Diagnosen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom in 2 Fällen, adulter Morbus Still und Infektion mit Mykobakterium tuberkulosis bei zugrundeliegender HIV Erkrankung gestellt werden. Komplikationen traten nicht auf. Blutungen nach Milzbiopsie wurden mittels Argon-Plasma-Koagulation und Fibrinkleberapplikation gestillt.

Kontraindikationen

Generelle Kontraindikationen

Generelle Kontraindikationen für die Durchführung einer Laparoskopie sind das Vorliegen einer dekompensierten kardiorespiratorischen Insuffizienz, einer bakteriellen Peritonitis sowie eines Ileus wegen der Gefahr der Darmperforation. Eine obstruktive Cholestase sollte vor Entnahme einer Leberbiopsie sonographisch ausgeschlossen werden. Bei schwerwiegenden kardialen oder pulmonalen Erkrankungen ist diagnostischer Nutzen und Risiko der Untersuchung abzuwägen. Aber selbst bei höhergradiger Herzinsuffizienz oder respiratorischer Einschränkung ist eine Laparoskopie unter Monitoring (Blutdruck, Puls, EKG, Sauerstoffsättigung) mit geringem Risiko durchführbar, wie dies auch beim beatmeteten Intensivpatienten bettseitig durchgeführt werden kann.

Relative Kontraindikationen

Relative Kontraindikationen für eine konventionelle Laparoskopie sind schwerwiegende Gerinnungsstörungen (Quick < 50 %, PTT > 60 s, Thrombozyten < 50 /nl) und eine ausgeprägte portale Hypertension mit Caput medusae, in beiden Fällen hauptsächlich wegen der Gefahr einer Blutung aus Bauchwandgefäßen. Blutungen nach laparoskopischer Organbiopsie sind durch Anwendung blutungsstillender Verfahren, wie Kompression, Koagulationsverfahren (Argon Plasma Koagulation, monopolare Koagulation) oder bei Sickerblutung Applikation von Fibrinkleber unter Sicht kontrollierbar.

Mini-Laparoskopie bei erhöhtem Blutungsrisiko

Aufgrund der geringeren Traumatisierung der Bauchwand bietet die Mini-Laparoskopie bei Gerinnungsstörungen oder ausgeprägter portaler Hypertension Vorteile. In einer eigenen Serie von 109 konsekutiven mini-laparoskopischen Untersuchungen mit Leberbiopsie bei Patienten mit Gerinnungstörungen (INR > 1,5; Thrombocyten < 50 / nl oder beides; N = 61) und schwerer portaler Hypertension (N = 48) kam es zu keiner schwerwiegenden Blutungskomplikation. Bei lediglich einem Patienten mit Gerinnungstörungen im Rahmen eines akuten Leberversagens trat eine konservativ beherrschbare Bauchwandblutung auf (7). Verwachsungen stellen eine relative Kontraindikation für die konventionelle Laparoskopie dar. Diese können mit den schmalkalibrigeren minilaparoskopischen Instrumenten durchstoßen werden, um Sicht auf die intraabdominellen Organe zu gewinnen (1).

Literatur

  1. Helmreich-Becker I, Meyer zum Büschenfelde KH, Lohse AW. Safety and feasability of a new minimally invasive diagnostic laparoscopy technique. Endoscopy 1998: 30: 756-762
  2. Nord HJ. Biopsy diagnosis of cirrhosis: blind percutaneous versus direct vision techniques-a review. Gastointest. Endosc 1992; 28: 102-04
  3. Poniachik J, Bernstein DE, Reddy R, Jeffers LJ, Coelho-Little ME, Civantos F, et al. The role of laparoscopy in the diagnosis of cirrhosis. Gastroint Endosc 1996;43:568-71
  4. Helmreich-Becker I: Mini-Laparoskopie in der Leberdiagnostik - ein Vorteil? Z Gastroenterol 2001; S 39: 7-9
  5. Jeffers LJ, Findor A, Thung SN, Reddy R, Silva M, Schiff ER. Minimizing sampling error with laparoscopic guided liver biopsy of right and left lobes. Gastroint Endosc 1991; 37: A 266
  6. Sans M, Andreu V, Bordas JM, Llach J, Lopez-Guillermo A, Cerva Bruguera M, et al. Usefulness of laparoscopy with liver biopsy in the assessment of liver involvement at diagnosis of Hodgkin`s and non-Hodgkin`s lymphomas. Gastroint Endosc 1998;47:391-395
  7. Denzer U., Helmreich-Becker I., Mergener K., Galle P.R., Lohse A.W.: Safety and value of minilaparoscopally guided liver biopsy in high risk patients. Hepatology 1999; 30: 166A
  8. Jeffers LJ, Alzate J, Reddy KR. Laparoscopic findings in AIDS and ARC patients. Gastroint Endosc 1991; 237: 267
  9. Feussner H, Omote K, Fink U, Walker SJ, Siewert JR. Pretherapeutic laparoscopic staging in advanced gastric carcinoma. Endoscopy 1999; 31: 342-7
  10. Van Dijkum EJ, de Wit LT, van Delden OM, Kruyt PM, van Lanschot JJ, Rauws EA, Obertop H, Gouma DJ. Staging laparoscopy and laparoscopic ultrasonography in more than 400 patients with upper gastrointestinal carcinoma. J Am Coll Surg 1999; 189: 459-65
  11. Watt I, Stewart I, Anderson D, Bell G, Anderson JR: Laparoscopy, ultrasound and computed tomography in cancer of the oesophagus and gastric cancer: a prospective comparison in detecting intra-abdominal metastasis. Br J Surg 1989; 76: 1036-9
  12. O`Brien MG, Fitzgerald EF, Lee G, Crowly M, Shanahan F, O`Sullivan GC: A prospective comparison of laparoscopy and imaging in the staging of oesophagogastric cancer before surgery. Am J Gastroenterol 1997; 92: 1399-400
  13. Stell DA, Carter CR, Stewart I, Anderson JR: Prospective comparison of laparoscopy, ultrasonography and computed tomography in the staging of gastric cancer. Br J Surg 1996; 84: 1260-2
  14. Hünerbein M., Rau B., Hohenberger P., Schlag P.M.: The role of staging laparoscopy for multimodal therapy of gastrointestinal cancer. Surg Endosc 12 (1998), 921-925
  15. John TG, Wright A, Allan PL, Redhead DN, Paterson-Brown S, Carter DC, Garden OJ: Laparoscopy with laparoscopic ultrasonography in the TNM staging of pancreatic carcinoma: World J Surg 1999; 23: 870-81
  16. Rahusen FD, Cuesta MA, Borgstein PJ, Bleichrodt RP, Barkhof F, Doesburg T, Meijer S: Selection of patients for resection of colorectal metastases to the liver using diagnostic laparoscopy and laparoscopic ultrasonography. Ann Surg 1999; 230: 31-7
  17. Reddy KR, Levi J, Livingstine A, Jeffers L, Molina E, Kligeman S, Bernstein D, Kodali VP, Schiff ER. Expierience with staging laparoscopy in pancreatic malignancy. Gastroint Endosc 1999; 49: 498-503
  18. Arnold JC, Schneider ARJ, Zöpf Z, Neubauer HJ, Jakobs R, Benz C, Riemann JF. Laparoskopisches Tumorstaging bei gastrointestinalen Karzinomen: Bedeutung der internistischen Laparoskopie. Z f. Gastroenterol 2001; 39; S 19-23
  19. Ido K, Nakazawa Y, Isoda N, Kawamoto C, Nagamine N, Ono K, Hozumi M, Sato Y, Kimura K, Sugano K. The role of laparoscopic US and laparoscopic US-guided aspiration biopsy in the diagnosis of multicentric hepatocellular carcinoma. Gastroint Endosc 1999; 50: 523-6
  20. Henning H. Value of laparoscopy in investigating fever of unexplained origin. Endoscopy 1992; 24: 687-688
  21. Trujillo NP. Peritoneoscopy and guided biopsy in the diagnosis of intraabdominal disease. Gastroenterology 1976; 71: 1083-1085
  22. Denzer U, Helmreich-Becker I, Galle PR, Lohse AW. Minilaproscopic guided spleen biopsy in systemic disease with splenomegaly of unknown origin. Endoscopy 2002, 34(6):495-8